Sabine Neumann: Gute Fee im Tier-reich

Manchmal geht einfach gar nichts mehr – da kann nur noch eine gute Fee helfen. Das gilt nicht nur für unsere Menschenleben, auch im Tier-Reich ist das so. Sie glauben nicht an die gute Fee? Dann lesen Sie unsere Weihnachtsgeschichte, denn ich bin sicher, Sie werden den Glauben wiedergewinnen!

Wie so oft im Leben hat mich auch diesmal der Zufall auf die Fährte gebracht. Unser Collie hat seinen letzten Lebensabschnitt begonnen und leidet an so manchem Alterszipperlein: Von Hüftproblemen über Gelenksbeschwerden bis hin zu Inkontinenz kommt einiges zusammen. Tierärzte raten zu Schmerztabletten, Hilfe kann wenig geboten werden. Wir leiden mit unserem treuen Gefährten und bemerken, dass wir wenig über Hunde im Alter wissen. Auf der Suche nach mehr Informationen wurde uns Sabine Neumann empfohlen. »Die macht irgendwas mit alten Hunden, vor allem mit Collies. Vielleicht kann sie weiterhelfen …!«

Unsere Weihnachtsgeschichte erzählt vom Waldviertel. Genauer gesagt von Sabine Neumann aus Fernitz bei Plank am Kamp. Hier lebt die Hundetrainerin mit ihrem Mann und sieben Hunden am Ende der kleinen Straße in einem Haus mit großem Garten. Doch es ist nicht das einzige Haus und auch sieben Hunde sind nicht genug. Ein paar Ecken weiter ist der von ihr gegründete Tierschutzverein ›Tier-reich‹ beheimatet. Das heißt, beheimatet sind dort eigentlich zurzeit elf weitere Hunde, denen die engagierte Tierschützerin eine ganz besondere Heimat gibt. Die Hunde im Tier-reich haben einiges gemeinsam: Sie sind alt, gebrechlich oder gar krank und die meisten blicken auf eine traurige Vergangenheit zurück. Der Hundefreundin mit dem großen Herz ist es ein Anliegen, dass sie wenigstens die letzte Zeit ihres Lebens glücklich, angstfrei und geliebt verleben dürfen.

 

Jeder Tier-reich-Hund bekommt zum Abschied seinen liebevoll verzierten Gedenkstein

In rein privater Initiative nimmt Sabine Neumann solcherart benachteiligte Hunde in ihrem Tier-reich auf. Sofern sie ins Rudel passen und freier Platz vorhanden ist. »Wir sind hier kein Tierheim«, macht sie deutlich, denn nur allzu oft kommen Anfragen, »und wir haben nur sehr begrenzte Ressourcen.« So sind es dann auch ganz spezielle Glückskinder, die hier ihr Zuhause finden. Und bleiben dürfen, bis sie ihre weitere Reise antreten. Ein Hunde-Hospiz, das für Liebe und Zuwendung, Pflege und Medizin, Nahrung und Spaziergänge sorgt.

Hunde-Hospiz
Ursprünglich hatte Sabine Neumann das Haus am Ortsrand von Fernitz ja als Seminar- und Trainingsort für ihre Hundeschule geplant, doch mittlerweile ist es zum Zuhause für Fee und Anka, Aragon und Julie, Bibi und Celina, Cleo und Tommy, sowie die ›Zwerge‹ Alina, Puppi und Domino geworden, die im Zwergenhaus wohnen.

 

Aragon genießt sein Singleleben im Tier-reich

Einträchtig leben die Hunde hier miteinander. Die meisten jedenfalls. Nur Aragon zieht das Singleleben vor und wohnt – etwas abgeschieden im Vorgarten – alleine. Der arme Kerl leidet seit Jahren unter schwerer Arthrose und wird in seinem neuen Zuhause mit Physiotherapie und Gymnasik versorgt. Sabine Neumann hat dem elf Jahre alten Collie ein neues Heim auf Lebenszeit gegeben, in dem er wieder zur Ruhe kommen konnte und in seinem Paten Alfred, der das Team Tier-reich tatkräftig unterstützt, einen ganz besonders innigen Freund gefunden hat.

Tommy, ein ebenfalls elfjähriger Collierüde, kam aus Deutschland hierher. Wegen einiger ›Schnappvorfälle‹ wurde der aus TV-Comedies allseits bekannte ›Hundeversteher‹ zu Rate gezogen, der zum Einschläfern des ›unberechenbaren‹ Rüden riet. Über deutsche Tierschutzkollegen kam der Hund ins Waldviertel, wo er seither zufrieden und unauffällig lebt. »Tommy ist beunruhigt, wenn er von fremden Menschen bedrängt wird. Wir respektieren hier seine Unsicherheit und hatten noch nie ein Problem mit ihm«, erzählt Sabine Neumann, immer noch kopfschüttelnd. In ihren Hundetrainings arbeitet sie oft mit Problemhunden und weiß daher, wie man mit ihnen richtig umgeht, damit sich die Situation entschärft. Jeder Hund im Tier-reich bringt seine Seniorenpersönlichkeit, aber auch eine traurige Vergangenheit mit, auf die hier sehr sensibel und sachverständig eingegangen wird.

 

Reinhard Kittenberger hat mitgeholfen, dass Pudelmischlingsdame Bibi (9) aus Hamburg eingeflogen werden konnte.

Wie Bibi, die entzückende, neun Jahre alte Pudelmischlingsdame, die völlig verwahrlost durch die Mithilfe von Reinhard Kittenberger, einem Freund des Hauses, aus Hamburg ins Tier-reich eingeflogen kam. Sie war von ihren Menschen mit entzündeten Ohren, verfilztem Fell, eingewachsenen Zehennägeln und einer chronischen Augenentzündung an beiden Augen im Tierheim abgegeben worden. Da ihre Augen nicht behandelt worden waren, verlor Bibi ein Auge und das zweite erblindete. »Das verbliebene Auge muss täglich behandelt werden, damit es keine Schmerzen verursacht«, erzählt Sabine Neumann über die fröhliche Hündin, die hier trotz ihrer Blindheit längst zum Sonnenschein der Gruppe geworden ist.

»Alleine für Medikamente wenden wir im Monat rund fünfhundert Euro auf«, erzählt die sympathische Hunde-Fee und öffnet wie zum Beweis eine der Küchenladen voller Hundemedizin. An der Wand ein Plan, der detailliert auflistet, welcher Hund welche Medikamente zu welcher Zeit bekommt, damit auch die beiden Tierpflegerinnen, die Sabine Neumann zur Versorgung des Rudels beschäftigt, jederzeit Bescheid wissen.

Auch wenn man hier, inmitten der friedlich im gemischten Rudel lebenden Hunde nicht auf den ersten Blick erfassen kann, dass die meisten von ihnen (weit) über zehn Jahre alt, krank, gebrechlich und pflegebedürftig sind, weil sie selbst mein Eindringen als Fremde völlig unaufgeregt zur Kenntnis nehmen und sich lieber ein paar Streicheleinheiten holen, als nervös zu bellen, ist es doch so, dass für jeden von ihnen besondere Maßnahmen erforderlich sind.

Sei es der Kauf der Magnetresonanzmatte, auf der Aragon schläft, weil sie seine Arthroseschmerzen lindert, oder die Entfernung eines Tumors am Zahnfleisch der 15-jährigen Colliehündin Anka, der ihr große Schmerzen verursacht hatte, und die seither trotz einiger Probleme am Bewegungsapparat – vorzugsweise morgens – fröhlich im Garten laufen und spielen mag. Auch Colliedame Selina (11), die mit Riesenpanik vor Menschen und Leine, mit der sie jahrelang misshandelt worden war, ins Tier-reich kam, musste operiert werden und verlor ein Auge aufgrund einer schlimmen Erkrankung. Zwischenzeitlich hat sie hier wieder gelernt, dass man Menschen auch vertrauen kann und sie liess sich sogar von mir streicheln, was Sabine Neumann mit großer Begeisterung beobachtete.

 

Domino, der Fröhliche

Teure Tierliebe
Insgesamt entstehen Kosten in Höhe von rund 4.000 Euro pro Monat, für die die Waldviertlerin aufzukommen hat. Etwa die Hälfte kann durch hilfreiche Spenden abgedeckt werden. Extrakosten wie erforderliche Operationen und Therapien nicht inbegriffen. So wie für Neuzugang Julie, die in einem Straßengraben im Bezirk Hollabrunn ausgesetzt worden war. »Die Hündin leidet unter einem Gesichtstumor, der hoffentlich operiert werden kann. Doch natürlich entstehen dadurch wieder Kosten.«

Erst kürzlich wurde hier ein Zubau errichtet, damit es die Hunde möglichst bequem haben und Platz für den einen oder anderen weiteren Hospizhund geschaffen werden kann. Aber auch diese Kostenlawine ist für die ›gute Fee‹ alleine nicht zu bewältigen, sodass vorderhand ein Baustopp angesagt werden musste. 

Hilfreiche Unterstützerinnen und Unterstützer sind im Hundehospiz Tier-reich sehr gefragt. So kann man hier nicht nur Mitglied im Tierschutzverein werden, sondern auch eine Tierpatenschaft für einen der vierbeinigen Senioren übernehmen, um dessen Versorgung zu gewährleisten und finanziell zu unterstützen. Damit hier auch weiterhin dafür gesorgt werden kann, dass der beste Freund des Menschen seinen Glauben an uns nicht ganz verliert!

⇒ Spendenkonto Tier-reich: Egal wie klein (oder groß) der Betrag ist – das Tier-reich ist für jede Unterstützung dankbar – BIC SPLSAT21XXX, IBAN AT122023000000502104

www.tier-reich.at

Hundeschule Traumhund von Sabine Neumann

Hier den Artikel in unserer Ausgabe Winter 2014 nachlesen

Text & Fotos: Lilly Dippold