Diskothekenbetreiber, Restaurantbesitzer, Jäger und Bierbrauer. Ein Waldviertler Gastronom, wie er im Buche steht. Und doch fern jedes Klischees. Authentisch, bodenständig, kantig. Ein echter Typ. Beseelt mit Leidenschaft für seinen Beruf. Modern und trotzdem der Tradition, dem Besonderen, verpflichtet. All sein Wirken ist auf dieser Philosophie aufgebaut.
Ebenso wie das Bier, dass er braut. Das fernab des Alltags zum Träumen einlädt.
Steigt man am schmucken Marktplatz des historischen Waldviertler Ortes Kirchberg am Walde aus, so sticht einem sofort die weinrote, mit weiß gestrichenen Fensterfaschen versehene Fassade des Gasthofs von Herbert Steinmetz ins Auge. Und tritt man in die mit freundlichen Farben, geschmackvollen Wandmalereien und dezenten Stoffen ausgestattete Gaststube ein, so fühlt man sich augenblicklich wohl und heimelig. Der Wirt ist so, wie man sich eben einen Wirt vorstellt und nachdem ohne große Vorreden zwei Gläser Kirchberger Bier am langen Stammtisch platziert wurden, steht einem ergiebigen Gespräch in gemütlicher Atmosphäre nichts mehr im Wege.
Herbert Steinmetz erblickte im Jahr 1974 in Zwettl das Licht der Welt. Nach der schulischen Ausbildung begann er im Alter von 15 Jahren eine Koch- und Kellnerlehre im Schlosshotel Rosenau, die er auch erfolgreich abschließen konnte. Anschließend folgten einige Wanderjahre durch Spitzenrestaurants und gehobene Hotellerie, ehe er sich in seiner Heimatstadt Zwettl mit einem eigenen Betrieb selbständig machte. Da er dort jedoch nur Pächter war, suchte sich der Wirt nach einiger Zeit ein Gasthaus, das zum Verkauf stand und wurde im Laufe des Jahres 2011 in Kirchberg am Walde fündig.
Das Lokal war unter dem Vorbesitzer Karl Kaufmann bestens eingeführt und so stand einem gelungenen Neustart nichts im Wege. Schon bald nach der Übernahme am 1. Jänner 2012 studierte er die örtliche Geschichte und erfuhr dabei von einer Brauerei, die zwischen 1561 und 1884 in Kirchberg ansässig war. „Da reifte bei mir der Entschluss, diese Tradition wiederzubeleben. Also machte ich mich kundig, klapperte zahlreiche Kleinbrauereien ab, suchte Hersteller von Brauanlagen und Lieferanten auf und betrieb Marktforschung.“
Einen festen Plan im Kopf, setzte er diesen auch zielstrebig in die Tat um und im Juli 2015 wurde im Rahmen einer großen Feier am Marktplatz das erste Fass Kirchberger Bier nach 131-jähriger Unterbrechung wieder offiziell angeschlagen. Seitdem läuft aus den Zapfhähnen im Gasthof und in der hauseigenen Diskothek „Carrousel“, einer regionalen Institution, wieder vor Ort gebrautes Bier.
Die erste Kreation von Steinmetz war ein untergäriges, bernsteinfarbenes und malzlastiges Gebräu, die Angebots-palette wurde seitdem aber erweitert und nun warten neben dem klassischen „Phönix“ auch ein Zwickl, ein helles Lager und ein sogenanntes Granitbier mit leichtem Karamellgeschmack auf die Kundschaft, die sich die Produkte des Brauers auch in überschaubaren Mengen abgefüllt mit nach Hause nehmen kann. Derzeit sind für Privatpersonen die Zweiliter-Bügelflasche und für örtliche Vereine auch Fassware erhältlich.
Um sein Detailwissen zu erweitern, absolvierte der findige Gastronom unter Anleitung von hochqualifiziertem Fachpersonal die Ausbildung zum Biersommelier in der Wiener Brauerei Ottakring. „Dieser Kurs war unheimlich interessant, weil ich dort unter anderem auch gelernt habe, meinen eigenen Geschmackssinn zu sensibilisieren. Das ist sehr wichtig, weil man dadurch Fehler in der Produktion sehr rasch erkennen und abstellen kann. Neben den unterschiedlichen Brautechniken war Hygiene ein wesentlicher Punkt in diesen zwei Wochen Ausbildung, bei der ich ständig zwischen Kirchberg, meinem Wohnsitz im Zwettler Bezirk und Wien hin und her pendelte.“ Auch eine gründliche Besichtigung der örtlichen Großbrauerei und des Forschungslabors stand auf dem Programm, wobei er viele elementare Erkenntnisse in Sachen Bier mitgenommen hat.
Auf die Frage, wie man sich die Kunst des Bierbrauens abseits theoretischer Lehrgänge aneignet, antwortet Herbert Steinmetz seinem Naturell entsprechend ganz pragmatisch. „Learning by doing. Zudem hat mich die kleine, aber eingeschworene Community der Kleinbrauer wunderbar aufgenommen und ist mir mit sehr vielen hilfreichen Ratschlägen und Informationen zur Seite gestanden.“
Anders als im Big Business der multinationalen Bierkonzerne ist ein Konkurrenzkampf unter den Hausbrauereien kaum oder gar nicht vorhanden. Schließlich nimmt keiner dem anderen ein Geschäft weg. Und so war es dem Gastwirt möglich, auch ins Herzstück anderer Anlagenbetreiber zu blicken, um dort mit detaillierter Fachsimpelei den besten Weg für sich selbst zu markieren. Und mittlerweile wird der Newcomer ebenfalls von anderen Kollegen aufgesucht, die er wiederum mit Tipps und Tricks der Branche versorgt. Tatkräftig stand ihm bei seinen ersten Schritten ins Biergeschäft immer seine Familie zur Seite, die bei Betriebsbesichtigungen stets dabei war und seine eigenen Erzeugnisse einer kritischen Prüfung unterzog.
Finanziell ist man als Neueinsteiger natürlich auch gefordert und gerade Brauanlagen für untergärige Biere sind schon alleine wegen der nötigen Kühlung mit zusätzlichen Kosten verbunden. Was Herbert Steinmetz aber nicht von seinem Vorhaben abschreckte. Und so setzt er ebenso wie beim technischen Equipment, bei den verwendeten Zutaten ebenso auf höchste Qualität. „Ich beschreite bei der Bierherstellung ganz den klassischen Weg des Brauens. Granderwasser, Biohopfen, Malz und Hefe. Bei meinen Lieferanten lege ich großen Wert auf heimische Produkte. Die Güte unseres Waldviertler Wassers ist ohnehin einzigartig und prädestiniert zum Bierbrauen. Einen Härtegrad 7 bringt man anderswo selbst mit Aufbereitung nicht hin. Einfach ein Traum“, gerät der bodenständige Waldviertler ins Schwärmen.
Der umtriebige Geschäftsmann bietet auch zahlreiche Merchandise-Artikel in seinem Shop an. Von Schürzen über Handtaschen bis zu T-Shirts oder hot pants reicht hier die Angebotspalette. Wie es zum Logo für sein Bier und dem dazu passenden Slogan „Do kummt de Sunn“ kam, holt der ansonsten sehr direkte und klar formulierende Herbert Steinmetz etwas weiter aus.
„Das hat wachsen müssen. Nicht jeder Tag ist dazu angetan, so etwas zu kreieren. Und eines Tages war dieser Moment dann da. Ich saß mit meinem Grafiker zusammen und beschrieb noch einmal, was mir wichtig an meinem Produkt ist. Zudem wollte ich den Namen des Ortes Kirchberg am Walde bildlich integrieren. Als er schließlich die Sonne über ein paar Berggipfel zeichnete, fiel mir sofort der passende Spruch ein, den ich später auch registrieren ließ.“
Aber der Betrieb des Hauses beschränkt sich beileibe nicht nur auf das sorgfältige Brauen eines geschmackvollen Bieres. Der seit jeher ursprünglich und traditionell geführte Gasthof mit seinem klassischen, gutbürgerlichen Restaurant ist dem Wirt wahrlich auf den Leib geschneidert. In einem zünftigen, einladenden Ambiente aus stimmigen Farben, robuster Tapezierung und wuchtigen, geölten Tischplatten aus alter Eiche soll sich der Arbeiter ebenso wohl fühlen wie der Bankangestellte oder die Hausfrau von schräg vis-à- vis. Das ist das Kredo des passionierten Gastronomen, der seine Gäste abseits der Guten Stube auch im Extrazimmer oder im großen, teilbaren Saal für 120 Personen gerne und ausgiebig verwöhnt.
Auf der Speisekarte und bei den täglich wechselnden Menüs wird eine regionale Küche abgebildet, die viel Wert auf saisonale Produkte im Zyklus der Jahreszeiten legt. Diesbezüglich hat Herbert Steinmetz auch ein echtes kulinarisches Highlight zu bieten: Im Jahr 2014 wurde in den Wäldern rund um Kirchberg weißer Trüffel gefunden, was eine botanische Sensation darstellte, die landesweit Resonanz fand. Gemeinsam mit einem befreundeten Wirt verkochte er insgesamt ein knappes Kilogramm des edlen, sündteuren Pilzes, dessen Fundort ein gut gehütetes Geheimnis ist. „Wir hoffen, dass er heuer wieder wächst. Letztes Jahr war es leider zu trocken. Aber ich bin guter Dinge, dass es diesen Sommer klappt und wir unseren Gästen wieder weißen Trüffel servieren können.“
Die im Souterrain des Hauses gelegene Diskothek genießt seit Jahrzehnten Kultstatus und dient vor allem einem etwas reiferen, tanzfreudigen Publikum als Plattform. Gute Unterhaltung und Amüsement stehen dabei im Vordergrund und sind ein Markenzeichen für die positive Stimmung unter den Besuchern. „Die Leute betrinken sich nicht, sondern haben am geschlossenen Tanz einfach eine Fetzngaudi und genießen einen schönen Abend.“ Für Abwechslung sorgt ein sehr breit gefächertes Showprogramm, das die Gäste immer wieder ins legendäre Carrousel zieht. Zauberer und Hypnotiseure treten ebenso auf wie Komiker oder namhafte Solokünstler aus der Musik- oder Erotikbranche. Oliver Haidt, Waterloo oder die Jazz-Gitti sind nur einige der zahlreichen Akteuren, die Herbert Steinmetz Disco schon in einen Hexenkessel verwandelt haben. Zudem gibt es regelmäßig Themenabende mit reizvollen Gewinnspielen.
Wichtig ist dem Chef des Hauses auch die gute, gedeihliche Zusammenarbeit mit seinem Personal. Eher untypisch für die Gastronomie ist die sehr geringe Fluktuation unter den Mitarbeitern, die dem Betrieb mitunter Jahrzehnte lang die Treue halten. „Meine Leute sind allesamt aus der Region, mit denen ich sehr glücklich bin. Egal ob im Service, in der Küche oder am Plattenteller. Gerade so etwas ist enorm wichtig, um einen reibungslosen Ablauf des Geschäftes zu gewährleisten, bei dem die Kundenzufriedenheit nicht leidet.“
Abseits des Berufslebens hat Herbert Steinmetz ein Faible für die Jagd, wofür momentan aber die Zeit fehlt. Das Gasthaus nimmt einfach zu viel Raum in Anspruch und die Familie mit Lebensgefährtin und Tochter, mit denen er im gemeinsamen Haus in Kottingnondorf bei Groß Gerungs lebt, soll keinesfalls zu kurz kommen.
Spätestens beim abschließenden Gang durch die wirklich urige Kleinbrauerei merkt man die Begeisterung, das Herzblut, das in dieser Unternehmung steckt.
Beim 240 Liter fassenden Braukessel angelangt, wo die Basis des Kirchberger Biers in etwa acht Stunden gekocht wird, bekommt man dann einen nachhaltigen Eindruck von der Professionalität, mit der Herbert Steinmetz zu Werke geht. Nach der Kühlung des dort entstandenen Sudes auf etwa 20 Grad Celsius wird die Flüssigkeit über einen Schlauch in den Gärkeller gepumpt, wo nach Zugabe von Hefe die Hauptgärung in den Edelstahltanks einsetzt. Alles elektronisch gesteuert und mit der Möglichkeit der Feinjustierung, um eine stets gleichbleibende Qualität zu erzielen. Dieser Vorgang dauert etwa eine Woche, bis das Gebräu seinen Weg in den Tank findet, um dort bei einem Bar Druck je nach Biersorte zwei bis vier Wochen nachzureifen. Danach wird das ungefilterte, aber sehr blanke Bier in Fässer abgefüllt, von wo aus es nach spätestens einer Woche trinkfertig ist.
Solange Zeit sollte man sich aber nicht unbedingt lassen.
Also schnell zurück in die Gaststube und der Chef des Hauses, der neben dem Bierbrauen auch fürs Service zuständig ist , zapft noch ein Glas nach. Zum Wohle!
erzählt von Michael Koller aus der Herbstausgabe 2016
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